Vorisolierte Rohre für höhere Anlagen- und Personensicherheit

2022-12-02 17:35:14 By : Mr. Ken Xu

Wenn es um die Wärmedämmung von Rohrleitungen geht, ergeben sich zwei zentrale Herausforderungen für die Anlagensicherheit: Korrosion sowie der Brandschutz, gerade innerhalb explosions- und feuergefährdeter Betriebsumgebungen. Vorisolierte Rohre können hier zusätzliche Sicherheit schaffen.

(Bild: vichie81 – stock.adobe.com)

Die sogenannte Korrosion unter Isolierung (Corrosion Under Insulation, CUI) – etwa durch eindringendes Wasser – ist unter anderem in der Petrochemie ein großes Problem. Die Korrosion unterhalb der Wärmedämmung tritt dabei oft erst nach einer gewissen Betriebszeit auf. Der Angriff auf die Mediumrohre führt dann zu einer wachsenden Zahl an Leckagen und in Folge zur Durchfeuchtung der Wärmedämmung aus Mineralfaser.

Mit wachsender Betriebsdauer steigt so die Anzahl notwendiger Reparaturen, um die Rahmenbedingungen eines stabilen Prozesses aufrechterhalten zu können. Steigende Kosten für Prozessstillstände sind unter anderem die wirtschaftliche Folge. Der Wartungsaufwand wächst bei zumeist mit Mineralfasern gedämmten Rohren. Vorisolierte Rohre sind wirksam durch Active Corrosion Protection (ACP) sowie den konstruktiven Aufbau geschützt.

Die Wärmedämmung besteht aus geschlossenzelligem und hochadhäsivem Schaum, der keine Feuchtigkeit anzieht. Die Grenzschichten zwischen Schutzmantel (außen) und Mediumrohr-Oberfläche (innen) sind vollkommen kraftschlüssig verklebt. Zusammen mit dem vierfach, innen gefalzten Schutzmantel stellen die Präventionsnahmen die Diffusionsfestigkeit des Rohrsystems sicher.

Eine noch viel höhere Herausforderung als Korrosion stellen Maßnahmen und technische Lösungen für einen wirksamen Brandschutz von Rohrsystemen dar. Dies vor allem, weil es bis heute keine internationale Richtlinie zur Begutachtung und Prüfung von Rohrkonstruktionen gibt. Internationale Normen wie die EN 1363-2, die EN 13501 sowie die deutsche DIN 4102 betrachten lediglich die Wärmedämmung als Einzelkomponente.

Auf Initiative des Rohrleitungs-Spezialisten Jabitherm nahm sich die Materialprüfanstalt (MPA) in Dresden dieses Themas an. Die Forderungen aus der Industrie nach einer Klassifizierung des Brandschutzes für „Verbundrohre“ bzw. für Rohrkonstruktionen wuchsen europaweit. Auf Grundlage der genannten Richtlinien entwickelte die MPA erstmalig eine Prüfmethode für isolierte und ummantelte Rohre auf Basis der Einheitstemperaturkurve in der EN 1363-2. Die Prüflinge lagerten dabei im Ofen für die Beflammung mit einer Temperatur von 1.250 °C. Die Prüfung sollte vor allem folgende Fragen beantworten:

Von den hier vorgestellten Projekten werden wahrscheinlich nicht alle tatsächlich realisiert werden. Doch in Anbetracht der europäischen Ziele und Projektionen sowie der Vorhaben in der ganzen Welt sehen wir hier für das nächste Jahrzehnt allenfalls die Spitze des Eisbergs. Mehr lesen

Bei den Konstruktionen der Prüfmuster handelte es sich um Mediumrohre mit einer Nennweite von DN 80, die mit einer ein-, zwei- beziehungsweise dreilagigen Schaumisolierung ausgestattet waren. Mehrlagige Isolierschichten waren durch eine Blechlage gegeneinander getrennt.Nach der Beflammung zeigte sich im Test eine schwarze Verfärbung des Außenmantels – jedoch nur im Bereich des Brandes. Es fand vom Brandbereich nach außen keine Wärmefortleitung statt. Die Öffnung des äußeren Schutzmantels und Betrachtung der Farbe der Isolation bestätigte die Erwartung: Die außerhalb des Brandraumes liegende Schaumisolierung war unverändert naturfarben. Aber auch die durch Hitzeeinwirkung schwarz gefärbte und in ihrer Konsistenz veränderte Schaumisolierung blieb mechanisch stabil. Dies reduziert in Anlagen die Gefahr des Zusammenbruchs des Rohres und damit der Gefährdung von Personen im Umfeld.

Überraschend war auch, dass die hohe Isolierwirkung des Schaums (λ=0,023 … 0,025 W/mK) eine erhebliche Verzögerung des Temperaturanstiegs im Mediumrohr erzeugte. Diese Verzögerung gibt für nachfolgende Prozesse eine erhebliche Vorlaufzeit und Raum für Schutzmaßnahmen, um die Konsistenz der Flüssigkeiten und Gase im Rohr zu erhalten. Beim Rohrtyp Firesafe-T90 beispielsweise kommt es erst nach ca. 70 min zu einem signifikanten Anstieg der Temperatur. Zur anwendungstechnischen Differenzierung der Rohrvarianten verwendet Jabitherm die Mediumrohrtemperatur. Die T-Klassifizierung (Zeit) gründet auf dem Zeitpunkt der Überschreitung der Temperaturgrenze von 450 °C. Für Firesafe-T30 beträgt diese Zeit also 30 min, für die doppelschichtige Isolierung 60 min und für T90 mit drei Schichten 90 min. In einer extremen Brandsituation erhält der Betreiber so bis zu anderthalb Stunden an zusätzlicher Zeit, um seine Anlagen und das Personal zu schützen. Ein Beispiel für eine solche Brandschutzanwendung bildet ein LNG-Terminal im Norden Finnlands. Eine Vielzahl der LNG-führenden, vorisolierten Rohre mit einer Mediumtemperatur von -164,2 °C in Abmessungen zwischen DN 25 und DN 450 sind dort als Firesafe-Installation ausgeführt.

Anfang 2020 wurde eine weitere Brandprüfung beim Bundesamt für Materialprüfung (BAM) in Berlin beantragt. Denn insbesondere Betreiber sensibler Produktionsanlagen, etwa aus dem Bereich der Chemie und Petrochemie sowie der LNG-/Gas- und Ölverarbeitung, fordern höhere Sicherheitsstandards für Rohre zum Betrieb innerhalb ihrer explosions- und feuergefährdeten Anlagen.

Die Prüflinge entsprachen der Bauart derer aus dem vorhergehenden Versuch bei der MPA. Die Grundlage der Prüfungen bildete diesmal jedoch die „hydrocarbon fire“-Temperaturkurve aus der EN 1363-2. Die Besonderheit dieser Kohlenwasserstoff-Befeuerung liegt im zeilichen Verlauf der Temperatur: Der Ofeninnenraum wird in nur etwa einem Fünftel der Zeit im Vergleich zur natürlichen Verflammung auf 1.250 °C erhitzt. Die Erwartung vor Prüfbeginn waren ein extremer Stress für die im Verbundrohr verarbeiteten Materialien, maßgebliche Veränderungen im Verhalten sowie Einschränkungen in den Einsatzmöglichkeiten der Rohre in Anlagen.

Das Fazit der Untersuchungen: Der erheblich schnellere Temperaturanstieg im Rohr wirkt sich tatsächlich auf die Klassifizierung der einzelnen Rohraufbauten aus. Die Befürchtung allerdings, dass sich Einschränkungen aufgrund der extremen Temperaturbelastung des Rohres für die Verwendung in Prozessanlagen ergeben, bestätigte sich nicht. Die Beschaffenheit, die Wärmefortleitung und die mechanische Stabilität zeigten sich unverändert im direkten Vergleich mit den Ergebnissen aus dem ersten Prüfablauf auf Grundlage der Einheitstemperaturkurve. Die erhebliche Zeitverzögerung bei der Erwärmung des Mediums nach einsetzender Beflammung tritt auch hier deutlich auf. Dies ist wiederum ein Ergebnis der hohen Dämmfähigkeit des Schaums. Einziger Unterschied: Die Werte für die T-Klassifizierung sind bei der „Hydrocarbon“-Beflammung in Folge der erheblich gesteigerten Belastung leicht zu modifizieren.

Derzeit gibt es noch keine Bestrebungen, eine Richtlinie zur Prüfung vollständiger Produkte aus Einzelkomponenten (Rohre) zu entwickeln. Mit den beschriebenen Prüfaufbauten wurde jedoch von den beiden öffentlichen Prüfinstituten eine praxisnahe Anordnung geschaffen, die aussagekräftige Ergebnisse zu den Produktlösungen und deren Anwendung zulässt. Die Praktikabilität dieser Verfahren bestätigt heute der Einsatz der Rohrsysteme weltweit in der Industrie, wo diese Rohrkonstruktionen grundlegenden Schutz und Sicherheit von Prozessen speziell in hochsensiblen Anwendungsbereichen bieten.

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